Ein guter Eindruck (Dark Fantasy-Kurzgeschichte)

»Usidien-blaue Kantemohnseide – neben spinnwitzelgrüner Hybenientanne.« Grontus Dimmrau warf sich die dornenbesetzte Keule über die Schulter und nachdem er sich eine fingernagelgroße Spindellaus aus dem verfilzten Bart gepuhlt und verspeist hatte, senkte er seinen Augenbrauenbusch auf den bisherigen Tiefststand des heutigen Tages. »Das können die doch nicht ernst meinen«, raunte er Bimshrok Kannelwanz zu. »Und uns bezeichnet man als unzivilisiert, oder wie seh ich das?«
»Unentwegt, seit wir eingetroffen sind«, sagte Kannelwanz, und betupfte seine Eiterbeulen an Stirn und Wange mit einer stinkenden Tinktur aus eingelegten, zum Gebrauch ausgequetschten Rattenklöten und Fischlammsalzen.
Eine feine Dame mit hochgestecktem Haar, die für Dimmraus kritischen Blick aussah, als hätte man sie wie ein Wachstuch über zwei im Kreuz verknüpfte Besenstiele gespannt, riss die mandelförmigen Augen mit den pestolivfarbenen Iriden auf. Für seinen Geschmack ebenfalls eine Kombination, wie sie sich einfach nicht gehörte. Sie glotzgaffelte die beiden Besucher aus Chet’van-jun an, bis Kannelwanz seine pompöse Plauze vorschob, in deren Falten sich das junge Ding einen Schlafplatz hätte einrichten können, und nörgelte: »Wes habverächtlicher Tieffanfare aus Speckesneid und mannsfrommen Antlitzes entspringt dies schockverzerrte Fixiat?«
Mit einem Kieksen vergrub sich die Dame in der Schulter ihres grotesk gutaussehenden Begleiters und mit schwankendem Kolimoswein in Gläsern, die mit Schlankheit und überschaubarer Füllmenge eher um Liköre baten, wie Dimmrau mit grimmendem Entsetzen auffiel, zogen sie davon. »Was diese Städter sich auch denken mögen«, sagte er kopfschüttelnd, »ich glaube nicht, dass die Jungfer dir deinen Pillermann und deinen Bauchumfang nicht gegönnt hat.«
»Soll sie geduldsstunden, wohin der ihrige gedeiht, so der Flanierulatius an ihrer Seite ihr Drei- bis Vierlinge in den Gebärschlund schleimt.«
»Weise Ansage«, meinte Dimmrau. Er fragte sich, ob das wirklich alles eine so ausgereifte Idee gewesen war. Chet’van-jun hatte seine Verträge bisher nie mit jenen Gegenden geschlossen, die sich für nobel und geweiht hielten. Bloß weil man sich das Badewasser hier nicht reihum im Dutzend teilte, von Tellern statt direkt aus dem Tierlaib aß und Kinder in Lehrstätten der Niedertaane steckte, ohne dass sie je ihren Müttern beim Fußnägelknüpfen oder den Vätern beim Scheißeschutzwall auftürmen helfen mussten – na ja, das alles zu tun oder zu lassen machte doch im großen und kleinen Unterschied keinen wertigeren Menschen aus einem. Doch irgendein unmanierliches Arschgesicht brannte neuerdings Dörfer entlang der Nordost-Schrunde nieder und dezimierte den Kundenstamm von Chet’van-jun rapide.
»Auf nach Finnensglamm«, hatte es also eines Morgens geheißen. Nach einem beachtlichen Kuddelmuddel – in dessen Folge ein fehlendes Ohr und einige ausgeräuberte Taschen beklagt wurden – waren Dimmrau, Kannelwanz und ein paar andere mir nichts dir nichts zu kommunalen Repräsentanten im diplomatischen Dienste erklärt worden, die am Hofe des Serkisgaals Lauretatziss Eindruck schinden sollten. Das Band der geschäftlichen Beziehungen zwischen Chet’van-jun und dem Valej Selmestris sollte sich entgegen geknüpft und fest verbandelt werden.
Allerdings, musste Dimmrau zugeben und legte einen weiteren Blutegel auf der rasierten Hälfte seines Schädels an, schien es beiden Parteien schwerzufallen, zunächst einmal den Graben ihrer kulturellen Differenzen zu überbrücken. Er selbst nahm sich da nicht aus. Diese Leute kombinierten Usidienblau mit Spinnwitzelgrün! Auf einer solch schwerlich zu akzeptierenden Grundlage ließ es sich kaum vertrauensvoll verhandeln.
Nur winkte Müheslohn nicht dem Untätigen und ein Griff unter Mirtsha Bockenkrants Kleid nicht denjenigen, die sich nicht wenigstens dem Anscheine nach bemüht zeigten um die Verklinkung der unterschiedlichen Gebräuchlichkeiten von Chet’van-jun und Finnensglamm und so leckte Dimmrau mit schlurzendem Geräusch und anschließend Haare und Talg ausspuckend über Kannelwanz‘ dicht bewucherten Arm. Ihr verabredetes Zeichen, sich nun wirklich um einen guten Eindruck zu bemühen, während die Noblen und Geweihten ihnen hingegen kein Stückchen entgegen kamen …

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