Den Weg zierten Büsche, das Blattwerk voll und dicht wie die auftoupierten Perücken der Klägergarde von Kremmerin, geschmückt mit Blüten, deren süßliche Düfte der angekettete Dosht Gholgen gerne ignoriert hätte. Doch sie legten sich wie die Aromen einer Kostprobenrunde durch eine angesehene Weinkelterei auf seinem Gaumen ab. Das alles passte einfach nicht zusammen. Er beschloss, dass er diese Feststellung laut tätigen sollte. »Das alles passt einfach nicht zusammen.«
Der Gantlinger neben ihm rasselte an der gemeinsamen Kette. »Verzeihung, Hübscher, ich hab mir das auch nicht ausgesucht. Hab auf den Knien einer Hure von Uthmensfreud gesessen, als sie mich erwischt haben; war sicher nicht mein Ziel, mit einem wie dir im selben Stahltross zu enden.«
»Tut mir Leid um die vergeigte Gelegenheit, dein Spritzerchen nicht in einer solch vielbesuchten und weitgemeißelten Höhle widerklingen zu hören …«
»Was meinst du denn damit?«
»… aber was ich eigentlich meinte, ist das alles hier.«
»Du solltest mal lernen, dich deutlicher auszudrücken«, maulte der Gantlinger. »Ein paar Schritt bleiben dir noch, ehe sie unser feines Grüppchen an den Stadtmauern baumeln lassen.«
»Das grade ist es«, beharrte Gholgen. »Sie führen uns überhaupt nicht zu den Stadtmauern.«
»Nicht?« Der halbmannshohe Gantlinger sah sich um, ein vergebenes Bemühen, sein Blick schaffte es kaum über die Büsche hinaus.
»Das ist der Weg zur … zur …« Gholgen stockte.
»Der Weg zur Kremmentine«, dröhnte eine Stimme wie ein einstürzendes Gewölbe hinter ihnen. »Ham sie’s euch nich gesacht? Wir werd’n nicht häng’.«
»Was werden wir dann, Klotzkopf?« Der Gantlinger zappelte mit den Ketten. »Hatte mich drauf eingestellt, wenigstens bei guter Aussicht zu sterben.«
»Auf die wirst du verzichten müssen.« Gholgen würgte einen Brocken Speichel herunter. Und dann kam sie in Sicht, die Kremmentine. Die mit pompösem Weißstein errichtete, tempelähnliche Vergnügungsmanege der Kronsherrscherinnen von Kremmerin und ihres Gefolges. »Dafür blüht dir reichlich Gelegenheit, dein Spritzerchen nachzuholen, sollte den Damen mehr nach einem Piekser denn nach Stechern sein.«
»Oh, na das hoffe ich doch«, jauchzte der Gantlinger und griente von einem Ohr zum anderen. Er schien zu vergessen, oder nicht zu wissen, dass die Schreie, die man des Nachts aus den Kellern der Kremmentine vernahm, nicht einzig der Lust wegen ausgestoßen wurden …
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„Hero, U Shy?“, den Kurzgeschichten-Podcast findet ihr auf: