»Bringt sie um! Bringt die verdammten Kerle um! Bringt ihnen den Tod!«
Thimgren Hellfeuer sah auf. Er war unter diesen Leuten aufgewachsen. Hatte von ihren Obstständchen genascht, ihr Handwerk bewundert, hatte sich unzählige Male unglücklich in ihre Töchter verliebt, war mit ihren Söhnen über die Pfade der Fyeld-Moore getollt und hatte sich ebenso ihre Rüffel dafür abgeholt. Was brachte sie dazu, solche schrecklichen Taten von ihm zu fordern? Was brachte sie dazu, ihre Gesichter, die er als gütig und aufmunternd kannte, allenfalls zu tadelnder, wohlwollender Strenge verbrämt – was brachte sie dazu, diese Gesichter zu gierenden und geifernden Grimassen zu verziehen? Und den Tod zu fordern, wo sonst nur freundliche Worte gesprochen wurden?
Ich bin es, dachte Thimgren. Ich habe diesen Durst nach Elvasthorn gebracht. Den Kampf. Den Willen zu siegen. Die Verträge. Die Gegner. Die Triumpfe. Und alles, was sie nun noch auf der anderen Seite sehen, sind Feinde. Weil ich sie alle dazu erklärt habe.
Sein Blick fiel zurück auf seine Hände. Auf die Waffe, die darin ruhte. Die darauf wartete, seine Gegner auf dem Feld zu vernichten. Ihre Hoffnungen zu zerstören. Bring die verdammten Kerle um. Mit welchem Recht? Jenem, das ihn bevorzugt, und sie benachteiligt hatte. Jenem Talent, von dem es hieß, die Taane persönlich hätten es auf ihn übertragen, um ihrem Ideal eine Gestalt zu verleihen. Er konnte sie zu Fall bringen, mit nur einem einzigen Schlag. Thimgren Hellfeuer aus dem kleinen Dorf Elvasthorn. Gegen die Besten der gewaltigen Mutterstadt Aeozoss.
Zögernd beim ersten, entschlossener beim zweiten Mal nickte Thimgren dem Mann zu, der ihn aufgefordert hatte, den entscheidenden Schlag auszuführen.
Er warf sie ihn die Luft, seine Waffe, den aus Schillmenrohr geflochtenen Ball, siebzehn Zoll im Umfang, einhundertachtzig Gramm schwer, eine präzise, niederlagenbesiegelnde Waffe, als Thimgren aus der Hocke in den Sprung federte, seine Beine nach oben riss und ihn mit einem schleudernden Tritt über das Netz feuerte …
… und der Ball fast zwölf Fuß außerhalb des abgesteckten Spielfeldes landete. Ein Raunen ging durchs Publikum. Die Rufe nach Tod und Verderben für ihre Gegner wichen vereinzelten Pfiffen. Mekotosh und Hentis verließen ihre Positionen als Aufbauassisten im Mittelfeld, um gestikulierend auf ihn einzureden, während Polgoff und Ekintanseff, die Abwehrbrecher, die dem Netz am nächsten standen, die Köpfe schüttelten. »Bring den scheiß Aufschlag ins Feld!«, kläffte Hentis und buffte ihn mit steifgemachter Schulter an. »Wir brauchen nur noch einen Punkt, und du versemmelst unsere vierte Gelegenheit, was ist los mit dir!«
Thimgren wusste es nicht. Auch nicht, als er einen weiteren Aufschlag vergab, die Gegner aus Aeozoss das Spiel drehten und gewannen, wüste Beschimpfungen von den Rängen auf ihn niederprasselten wie Regen aus Stahlsplittern. Auch nicht als die Statuswarte für Sport und Wettkampf den geschlossenen Vorvertrag vor seinen Augen zerrissen und höhnisch meinten, er, dieser Dorfjunge, sei eben doch kein Material für die beste Trittball-Mannschaft der ganzen Sichel.
Vielleicht war er nicht jemand, der den Tod bringen wollte. Vielleicht wollte er von Obstständchen naschen. Handwerk bewundern. Sich unglücklich verlieben. Über die Pfade der Fyeld-Moore tollen. Warum hörte all das auf, wenn die Wettkämpfe der Welt begannen?
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