Irgendwann (Dark Fantasy-Kurzgeschichte)

Als Dargh’Crons Faust zum dritten Mal im Gesicht seines Gegners aufsetzte, spürte er den Wangenknochen unter der Wucht seiner Knöchel brechen. Dem größeren, schwereren Mann entwich ein Ächzen. Seine Niederlage war besiegelt, noch bevor er zu einem hilflosen Schwinger ausholte, den Dargh’Cron an seiner Brust entlang streifen ließ wie eine Wolke aus bauschigem Badeschaum. Bauschiger Badeschaum. Nicht, woran man von einem Hieb erinnert werden sollte, doch zu mehr war der Mann nicht mehr in der Lage, den sie ihm als den besten Kondo-Urka-Kämpfer der gesamten Ostbrandt angepriesen hatten.
Dargh’Cron ließ den Besten der Ostbrandt an sich vorbei torkeln, dessen eigener Schwung drehte ihn seitlich, so dass er ihn mit einem abgewandelten Sika-Bukul-Manöver, einem krachenden Ellenbogenschlag zwischen vierte und fünfte Krümmung der Brustwirbelsäule, endgültig zu Boden schicken konnte. Zuckend prallte sein Gegner hart im Sand der Arena auf, Staubwirbel umwickelten ihn wie die Hebamme ein Neugeborenes, oder wie der Schleier des Verlierens ein weiteres Opfer, für Dargh’Cron nahm sich das nicht viel.
Die gespannte Meute schien einen Moment lang nicht zu wissen, was sie mit dem raschen Ergebnis des Kampfes anfangen sollte, doch dann brach der gewohnte Jubel aus, die Rufe nach seinem Namen, das Geifern nach mehr Gewalt im Pershempuranium, dem Kreis der Kondo-Urka-, Takoa-Jenil– und Arshak-Eshya-Kämpfer.
»Du könntest Arenen in den Großen Städten von ganz Hierroshai füllen, eine Attraktion auf dem Kämpfermarkt sein«, rief der schmuckbehangene Bakkamuur, der neben Dargh’Cron aufgetaucht war und die Faust seines Champions in die Höhe reckte, um ihn der überschaubaren Menge standesgemäß zu präsentieren. »Stattdessen begnügst du dich mit diesen Sandburgen und ich muss zu jedem deiner Kämpfe aus Trogg angezockelt kommen, nur um dich kurzen Prozess mit diesem Fallobst machen zu sehen.« Er drehte  Dargh’Cron im Kreis des Pershempuraniums umher, als würde er ein exquisites Stück Mode und nicht bloß einen Berg aus Fleisch und Muskeln und Blut präsentieren. »Wink ihnen. Wink ihnen, damit sie glauben, es würde dir einen Fliegenschiss bedeuten, vor ihnen aufzutreten.«
Dargh’Cron gehorchte. Öffnete seine Hand und machte ungelenke, flatternde Bewegungen damit, die überhaupt nichts mit der Übervorteilung eines Gegners zu tun hatten. »Keine Arenen für mich«, sagte er. »Wie oft soll ich dir das noch sagen. Ich fühle mich wohl in meinen Sandburgen.«
»Irgendwann finde ich’s raus«, unkte Bakkamuur und heizte die Zuschauer mit ein paar stampfenden Tritten ein, die vierzig Dutzend Sohlen von den Holzbänken des Runds widerhallen ließen. »Irgendwann erfahre ich, woher du taanverdreckter Lump gekommen bist, wer dich das Kämpfen gelehrt hat und warum du jeden taanversauerten Mann mit einer solchen Leichtigkeit Staub und Zähne fressen lässt.«
»Zu deinem eigenen Wohl ist irgendwann besser nie.« Dargh’Cron riss sich von ihm los und stapfte davon, vorbei an sieben niedergestreckten Körpern und tatsächlich, vereinzelt ein paar Zähnen. Er wies die Wärter mit einem wortlosen Brüllen an, die Eisentore vor ihm zu öffnen. Die Stufen hinab ins Innere des Pershempuraniums empfingen ihn mit Schatten, Kühle und Stille. Allein mit sich, seinem Kopf. Seinen Gedanken. An das irgendwann, das hinter ihm lag. Schreie. Schlachten. Heere von Zehntausenden. Im Krieg mit Zehntausenden riefen sie seinen Namen. Sein Befehl. Seine Schuld. Die Zeit und die Verträge richten die Welt, hieß es auf Hierroshai. Und der Tod. Und wer ihn bringt. »Todbringer«, flüsterte Dargh’Cron. Sein irgendwann. Ein Irgendwann, dass nie wieder sein durfte.

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„Hero, U Shy?“, den Kurzgeschichten-Podcast findet ihr auf:

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